Mal wieder beim TÜV

War mal wieder beim TÜV.

Diesmal hatte ich mir aber das Alfred-Krupp-Krankenhaus in Essen ausgesucht.

In der dortigen ALS-Ambulanz arbeitet der Arzt, den ich bei meinem ersten Besuch in Bochum im Februar 2016 kennen gelernt hatte.

Er ist kurz darauf weiter gezogen, ich wusste lange Zeit nicht, wohin.

Im Laufe des Jahres 2016 hatte ich ihn bei Facebook gefunden und ihm eine Nachricht geschickt, dass ich gerne weiter von ihm behandelt werden möchte und wo ich ihn denn finden könnte. Da wir aber nicht befreundet waren, (und so weit, ihm eine Freundschaftsanfrage zu schicken, wollte ich nun nicht gehen) ist meine Nachricht irgendwo im Spam gelandet und ward nicht mehr gesehen.

Nun gut. Nicht schlimm.

Mittlerweile hatte ich seine Nachfolgerin in Bochum kennengelernt und fand sie auch recht nett. War aber nicht so begeistert von ihr wie von ihm.

Auch war ich nach meinen Besuchen in Bochum ja immer ein wenig deprimiert. Das mag zum Einen mit dem älteren Zustand der Klinik zu tun haben, zum anderen sicher aber auch mit der Art, wie mit mir umgegangen wurde. Irgendwie wurde ich immer mit der Nase drauf gestoßen, was alles nicht mehr ging und die Krankheit wurde tutto kompletto in den Fokus gestellt. Hinzu kam dann noch, dass ich bei einem meiner Besuche dort meine Ärztin gar nicht antraf, weil sie krank war. Und zu einer weiteren Ärztin geschickt wurde. Ja, auch sie war nett, aber wenn man einen Termin alle halbe Jahre hat, ist es schon schön, nicht ständig rumgereicht zu werden. Die Möglichkeit, mich zu informieren und den Termin zu verschieben war gar nicht bedacht worden.

Dafür war ich bei meinem letzten Besuch direkt bei beiden, aber auch nur, weil meine irgendwie gestresst war und noch was zu erledigen hatte. So sagte die andere, dann können wir ja schon mal anfangen. Da fühlt man sich eher bearbeitet als willkommen.

Darum hatte ich nach diesem Besuch auch die Nase voll und überlegte, die Besuche sausen zu lassen. Es kam ja eh nix dabei raus. Außer schlechte Laune.

Und wie es so ist mit meinem Schicksal. Merkt es, dass es  mir reicht, zeigt es mir einen neuen Weg auf.

Nach 1,5 Jahren fand der Arzt meine Nachricht in seinem Messenger! Und antwortete mir:

 

 

"Hallo Frau Klingen, Habe gerade erst ihre Nachricht gelesen,
Facebook ist nicht so meine Plattform 😉
Ich bin jetzt im Krupp Khs in Essen. Viele Grüße"

 

Na guck!

Das freute mich ehrlich. 

Er gab mir die Kontaktdaten der Anmeldung und ich vereinbarte einen Termin für letzte Woche. Thompson bat ich mitzukommen. Zu zweit ist man weniger allein. ;-)

Wie erwartet, der Termin war sehr angenehm. Das Krankernhaus ist sehr hell, noch recht jung, groß, überschaubar und die Wege sind kurz. In der richtigen Etage angekommen, wurden wir freundlich empfangen und ich konnte nach kurzer Wartezeit direkt zum Lungenfunktionstest (der nicht so dolle war) und dann weiter zum Arzt.

Thompson kam mit und wir unterhielten uns in lockerer, humorvoller und sachlicher Atmosphäre. Wir haben wirklich viel gelacht und dennoch eine Menge Informationen erhalten. 

Der Arzt hatte Zeit, ich hatte wirklich das Gefühl, er war nur für mich da. Dass die Arme nun auch involviert sind und auch Rumpf und Atmung schwächer geworden sind, war augenscheinlich. Er riet zu einem Tragegürtel, damit Thompson mich besser transferieren kann. Den suche ich jetzt. 

Klar, auch er hat mich untersucht, aber während ich Arme hob und Finger drückte, unterhielten wir uns weiter. Er machte kein bedenkliches Gesicht, sondern schrieb die Punkte einfach auf und weiter gings.

Er ist wirklich bestens informiert und erklärte, dass es wie beim Krebs auch bei einer ALS die verschiedensten Typen gibt. 

Hätte ich eine "normale", wäre ich schon tot. Das ist uns allen klar und wir finden es schön, dass es anders ist. 

Auch erklärte er, dass es auf Grund der verschwindend kleinen Anzahl Menschen, die genau die gleichen Symptome haben, eben auch total schwierig ist, ein Medikament zu entwickeln, es gibt zu wenig Studienteilnehmer. Das letzte Medikament, das eine gewisse Wirksamkeit aufgezeigt hat, tat dies nur bei einer ganz bestimmten Gruppe Erkrankter. Alle anderen hatte keinerlei Veränderung.

Ich hätte auch keine. Und er sagte ganz ehrlich, dass er mir die Lebenszeit nicht nehmen wollte, denn mich damit zu behandeln, würde bedeuten, dass ich 2 Wochen pro Monat täglich in die Klinik fahren müsste um Infusionen zu erhalten. Die eher wirkungslos sein würden. Lebenslang.

Och nö.

Und ich konnte nach 2 Jahren auch endlich mal wieder gewogen werden! Er besitzt eine Sitzwaage! Sie ist tatsächlich wie ein Stuhl aufgebaut, auf den man sich setzt und so das Gewicht ermittelt wird. Thompson lupfte mich rüber.

Bei mir waren es mit Klamotten 55 kg. Was ich nicht wenig finde, da ich immer recht schlank war. Außerdem esse ich auch nicht so dolle viel. 

Doc meinte aber, es sei wichtig, darauf zu achten, dass ich nicht plötzlich rapide an Gewicht verliere, weil das auf eine Stoffwechsel-Veränderung schließen lässt, die auch ein Gesicht der Krankheit ist. Außerdem sei es wichtig, den BMI nicht zu sehr zu unterschreiten. Auch das wirkt sich nachteilig auf den Krankheitsverlauf aus.

Feuer frei auf Leckeren! Weihnachten ist ja nicht mehr fern. ;-)

 

Nach einer guten Stunde waren wir wieder raus. Mit der Ankündigung, dass ich einen Termin bei einem Lungenspezialisten bekomme, der mir ein Gerät anpasst, dass das Abhusten unterstützt. Das geht leider auch nicht mehr, ich kann keinen Druck aufbauen um richtig zu husten. Das ist aktuell noch nicht schlimm, aber es kann aber natürlich Infekten Vorschub leisten. Wenn ich das Gerät habe, ist diese Gefahr dann auch gebannt, bzw. verringert.

Dafür muss ich ein paar Tage stationär eingestellt werden und dann kann ich das gute Stück mit nach Hause nehmen

Und so war ich weder deprimiert noch genervt als wir der ALS-Ambulanz den Rücken kehrten, versehen mit einem neuen Termin für Mai 2018. 

In der Cafeteria gab es noch lecker Schaschlik mit Fritten und dann ging es wieder heim.

Weiterer Vorteil: Weniger Fahrtzeit, weil Essen nunmal näher liegt als Bochum.

Es war ein rundum gelungener Besuch und ich bin sehr froh, "meinen" Arzt wieder gefunden zu haben.




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