Heimwärts


War ich zu Beginn der Reha mit meinen 4 Wochen Dauer mehr als zufrieden, kam im Laufe der ersten Woche die Idee auf, dass es doch ganz nett wäre, eine Verlängerung zu bekommen. Alle, bzw. viele um mich herum bekamen sie.

Jeder von uns hatte einmal in der Woche Sprechstunde beim Oberarzt. Da wurde dann gefragt, wie es einem erging, was man noch benötigt, wie der Plan der nächsten Woche aussieht, ob es Veränderungen geben soll. Eine Sache von 10-15 Minuten. Und da wurde dann halt vom Doktor eine Verlängerung angeregt. Der konnte man zustimmen, musste es aber nicht.

Ich hatte immer Montags den Termin.

In der zweiten Woche sprach er es nicht an. Und ich dachte so bei mir, dass ich ihn dann in der dritten Woche ansprechen könnte.

Aber im Laufe der zweiten Woche merkte ich, dass ich, so schön es da auch war, so langsam einem Lagerkoller verfiel. Mich begannen die immer gleichen Rituale zu nerven. Frühstück, Mittag-, Abendessen, nachmittags vielleicht noch ein Stück Kuchen. Die Termine wurden eher weniger, Aufgaben gab es nicht. Ach nee. Ende der zweiten Woche hatte ich für mich klar, dass, würde der Arzt nichts sagen, ich es auch nicht tun würde.

Das wäre dann das Zeichen, dass auch das Schicksal mich heimschicke möchte.

Das Schicksal schickte mich heim. Und ich war froh darüber. 4 Wochen sind auch echt ausreichend. Ich freute mich auf zu Hause, meine Lieben, natürlich auch auf Hundi und die Katzis.

Meine Kumpels gingen auch in etwa zur gleichen Zeit heim. Einige etwas später, andere etwas früher. Was feststand war, dass es eine tolle Zeit gewesen war, die uns sehr viel gegeben hat. Freundschaft und eine ganze Menge Spaß, aber auch einige ernste Gespräche.

Und es war eine Zeit mit Vollpension. Hihi. Grandioser Völlerei. Das war nun auch zu Ende.

Immerhin hatte ich es geschafft, etwas von meinem Fliegengewicht wegzukommen. Ich hatte etwas über 2 Kilo zugenommen.

 

Mich trieb die Sorge um, wie es nach Wochen des Nichtstun zu Hause sein würde. Auch, ob ich nun immer im Rollstuhl unterwegs sein würde oder wieder auf den Rollator umsteigen könne. Wie alles so klappen würde. Denn 4 Wochen Nichtstun hinterlässt tatsächlich Spuren. Man wird lahmer.

So habe ich Thompson ein wenig darauf vorbereitet, dass ich wohl noch ein paar Tage zu Hause brauchen würde, bis ich tatsächlich wieder "da" war.

Das war für ihn überhaupt kein Problem, denn, so sagte er, bis jetzt ging es ja auch, warum nicht noch was länger? Eines konnte ich tatsächlich noch nicht leisten: die Hunderunde. Unfassbar, aber der Fahrradladen hatte es nicht geschafft, mein Rad innerhalb der 4 Wochen in Ordnung zu bringen und zurück zu schicken. Ich sollte noch weitere 10 Tage ohne Rad sein. Somit auch ohne Hunderunde.

Im Vertrauen:

Ich liebe meinen Hund, meinen Mann nochmal mehr, aber morgens liegen bleiben zu können... das war auch nicht zu verachten. ;-)

Thompson war sehr tapfer. Jeden Morgen um 6 ging sein Wecker, so wie in den letzten 4 Wochen davor auch. Er stand ohne zu grummeln auf und ging die erste Hunderunde des Tages. Mittags ging entweder Pascal oder Gassigängerin und abends wir dann schon mal zusammen, er schob meinen Rolli und Hundi trabte nebendran.

Mit Hund und Rolli geht bei mir irgendwie nicht so recht, da ich ja beide Hände an den Reifen haben muss. Ich habe schon versucht, mir die Leine umzubinden, aber so recht klappen wollte das alles nicht. Und ich hatte auch nicht wirklich Lust, mit Armkraft die Hunderunden zu bewältigen. Sorry, ja, ich bin faul.

 

Aber irgendwann kam mein Rad zurück. Und so langsam fand ich mich wieder in meine Routine ein.

Übrigens weiterhin die meiste Zeit mit Rollator. Ich wollte einfach noch nicht klein beigeben. Aber es war schon sehr anstrengend.

Ich versuche grade herauszufinden, wann ich tatsächlich in den Rollstuhl umgestiegen bin... man sollte ja denken, dass es ein denkwürdiges Ereignis war. Nicht denkwürdig genug, als dass ich es festgehalten hätte. Ich glaube, Mitte des Jahres 2016. Jedenfalls, nach der Reha war ich Zuhause wieder mit Rollator on tour.

Thompson war auch nicht untätig gewesen in der Zeit meiner Abwesenheit. Er hatte die Türen vom Carport zur Terrasse so umgebaut, dass ich nun mit dem Dreirad auf die Terrasse fahren konnte. Damit das auch barrierefrei möglich war, baute er direkt eine Rampe dazu. Nun musste ich nicht mehr beschwerlich rückwärts einparken, sondern konnte mit Schmackes direkt bis zur Wohnzimmertür durchstrampeln. Das hatte gerne zur Folge, dass ich die Türe mit meinem Vorderreifen so aufstieß, dass sie bis an die Wand flog, was den ein oder anderen Schreckmoment bei meiner Familie verursachte, dachten sie doch, da kommt Conan der Barbar. Nee, nur Mutti. :-)

Mit der Zeit hatte ich das richtige Tempo raus. Und irgendwann sollte ich ja auch den Panzer bekommen. Dann wäre das alles nochmal einfacher.

Bis dahin ging ich mit meinem Innen-Rollator bis zur Terrassentüre, wechselte auf den Außen-Rollator, der mich dann bis an mein Rad brachte. Denn nach wie vor, war unsere Terrassentüre mit das größte Hindernis, da sie nicht ebenerdig war, sondern ich meine Füße über den ca. 10 cm hohen Rahmen bugsieren musste.

Am Rad angekommen, kletterte ich dann drauf, schmiss den Elektromotor an und los ging es. Hundi war die meiste Zeit ohne Leine, was die Sache vereinfachte. Um sie anzuleinen, musste ich mich runterbeugen, aber das klappte, denn sie blieb ruhig stehen. Außer, wenn ihre Hassfreundin um die Ecke bog. Da war dann alles zu spät. Aber das passierte Gott sei Dank nicht sehr oft. Da half nur, Gas geben und in die entgegengesetzte Richtung loszufahren und das Beste zu hoffen. Meist kam sie mir hinterher. Toi,toi,toi...



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