Einen Scheiß muss ich


Kennt Ihr die Karte auch?

Ich habe sie zuerst bei meinem Töchterchen gesehen. Sie stand passenderweise auf einem Regal gegenüber dem Klöchen. Und ich musste herzhaft lachen. So einfach. Und alles ist gesagt.

Auch wenn ich mich niemals so hart jemandem gegenüber ausdrücken würde. Aber ist es nicht genau so? Sind nicht wir diejenigen, die es zu verantworten haben, dass sie sich (mal wieder) übernehmen?

Dass sie "...nicht nein sagen können"? "Das kann man ja nicht machen", "Ich möchte niemanden verletzen"...

 

Warum soll ich nicht "Nein." sagen können? Wer tut es denn für mich? Der, der mich um was bittet, sicher nicht, denn er möchte ja ein "Ja." hören.

Es macht mich fast schon ein wenig zornig, wenn ich bei vielen Menschen erlebe, wie sie erzählen, was sie alles machen. Sie helfen hier und da, springen dort ein, manchmal sogar ungefragt.

Und dann sitzen sie in der Ecke und stöhnen, dass sie nicht mehr können.

Und auf meine Frage: "Warum sagst du denn nicht nein?", kommt die Antwort: "Ja, wer soll es denn dann machen?"

Häh?

... ist  meiner Meinung nach, der richtige Begriff.

 

Diese Menschen leben erst auf, wenn sie sich unersetzlich fühlen. Wenn sie andere unterstützen und das Gefühl bekommen, dass ohne sie nichts läuft. Wenn sie in jedem Töpfchen mitrühren können, auch wenn sie über eine unzureichende Anzahl an Löffeln verfügen. Dann wird eben der Löffel aus dem einen Topf kurz in den nächsten gesteckt, egal welche Suppen dadurch vermischt werden.

Ihr merkt, es schwillt mir der Kamm bei diesem Thema.

Interessant. Na, geht so. ;-)

 

Ich denke, dass ich herausgefunden habe, warum ich so wütend werde, wenn ich  diese "Helferlein" vor mir habe. Ich mag es nicht, belogen zu werden. Und nichts anderes tut ein Mensch, der hilft, obwohl er überhaupt keinen Bock darauf hat. Nur, weil er denkt, er könne/dürfe nicht "nein" sagen. Das macht ihn wahrscheinlich selbst unzufrieden und wütend und das kommt dann bei mir an. Und ich denke dann: "Ja, dann lass es doch!"

Manchmal mache ich mir den Spaß und frage grade solche Menschen und grinse in mich rein, wenn sie zähneknirschend, aber strahlend, helfen. Gemein, ich weiß.

Und ich weiß jetzt mindestens einen Menschen, der grade in sich reinschaut und fragt: "Meint die mich?" Nein, Dich meine ich nicht! Denn du hilfst, weil du einfach gerne hilfst. Auch wenn es manchmal über deine Kräfte geht. Aber du hilfst um des Helfens willen und versuchst dabei, das "Nein-sagen" zu lernen. Und auch wenn es dir nicht immer gelingt, so schaust du sehr reflektiert auf Dein Helferlein. Nein, dich meine ich nicht. :-*



Es ist also tatsächlich so:

Einen Scheiß muss ich.

 

Irgendwann war ich an dem Punkt, wo es mir echt zuviel wurde, immer und überall das Helferlein machen zu sollen.

Und dann habe ich es geübt und siehe da:

a) die Welt drehte sich weiter, nachdem ich "nein" gesagt hatte, wenn auch mit nem Stolperer ;-)

b) es wurde mit jedem "Nein" einfacher

c) "Nein" muss nicht unfreundlich rüber kommen. Ich erkläre es z.B. mit: "Tut mir leid, aber das wird mir dann zuviel."

d) der Fragende war vielleicht erstmal verwirrt, vielleicht sogar ärgerlich, ("Wie, nein?")  aber er hat weitergelebt.

 

Und, und das ist für mich das Entscheidenste: Ich fühlte mich soviel besser, nachdem ich aufgehört hatte, mein Tun und Lassen von meinem Umfeld diktieren zu lassen.

Und wehe, es kommt jetzt einer mit dem "Argument": "Ja, du bist ja auch selber krank."

HINFORT MIT DIR!

 

Jeder Mensch hat seine Grenzen, der eine eher, der andere später. Es geht darum, dass jeder weiß, wo sie sind und sie nicht ständig überschreitet. Dass ich nicht laufen kann, ist eine offensichtlichere Grenze, die aber, dem Himmel sei Dank, meinem engen Umfeld völlig egal ist.

Sodass ich oft genug das "Nein-sagen" üben darf.

 

Aber ich darf auch "Ja" sagen.

Und wenn ich das tue, dann weiß mein fragendes Gegenüber, dass ich es auch so meine und aus vollstem Herzen sehr gerne unterstütze.

 

Ich möchte lieber eine Person sein, die zufrieden und glücklich ist und dies ihre Mitmenschen auch spüren lassen kann. Und ich möchte authentisch sein, ehrlich und zuverlässig.

Jemand, bei dem sich der Bittende nicht im zweiten Gedankengang fragen muss, ob er besser nicht hätte fragen sollen, sondern bei dem er sich sicher ist, dass ein "Ja" auch so gemeint ist.




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