Sichtweisen


Freitag habe ich die 10. Geburtstags-Sendung des Kölner Treff geschaut. Den schaue ich sehr gerne. Es sind oft interessante Menschen eingeladen. Und manche stellen sich anders dar, als mein Bild von ihnen ist. 

So einer war Bülent Ceylan. Eigentlich mag ich ihn nicht, weil er mir zu laut ist. Aber gestern fand ich ihn sehr sympathisch. Vielleicht hat er sich verändert, sodass es wert wäre nochmal in eine seiner nächsten Shows reinzuschauen. Oder er zeigt in seinen Shows eben die Facette, die ich nicht so mag, dafür aber woanders eine andere. Zweimal hinsehen ist auf jeden Fall eine gute Option.

Manchmal hilft es mir auch, wenn ich mehr Infos bekomme. Das war bei Rammstein der Fall. Ich mochte ihre Texte so gar nicht, sie waren mir zu hart. Sind sie ja auch. Dann habe ich auf einer DVD eine Doku über sie gesehen, sie wurden sehr persönlich vorgestellt. Das war echt interessant und ich habe mein Bild von ihnen verändert. Nun mag ich manche Texte noch immer nicht, aber die Gruppe als solche ist mir nicht mehr zuwider. Und ich darf zugeben, dass die Lieder sehr kraftvoll sind.  Und wenn man ihre Bühnenshow sieht, das ist schon der Hammer. So verändert sich manche Sichtweise.


Nach der Sendung kam eine Doku über Bettina Böttinger. Auch sehr interessant. Ich schaue gerne anderen Menschen beim Leben zu und höre mir an, welche Ansichten sie haben. Sie ging dann in Holland am Meer spazieren. Da kommt mir dann der Gedanke, dass ich nicht mehr am Meer spazieren gehen kann. Würde ich es denn tun, wenn ich es wieder könnte? Das frage ich mich dann. Schließlich bin ich als Gesunde ja auch nicht ständig irgendwohin gefahren. Da braucht es mich ja jetzt nicht schmerzen, dass ich es nun nicht mehr kann. Das ist meiner Meinung ein sehr wichtiger Aspekt, der über Zufriedenheit oder Unzufriedenheit entscheidet. Jammere ich nun darüber, dass ich in der Eifel nicht mehr wandern kann, dass ich keine Whisky-Destillerien in Schottland besuchen (obwohl vielleicht gibt es die ein oder andere rollstuhlgerechte ja), dass ich nicht mehr am Strand spazieren gehen, keine Kirchtürme besteigen, Schlösser und Burgen besichtigen kann… oder bin ich so ehrlich, zuzugeben, dass ich echt gerne zu Hause bin, solche Ausflüge meist mit Aufwand und Anstrengung verbunden sind und ich mich auch als Gesunde wenig bis gar nicht dazu aufraffen konnte. Nur weil ich es nicht mehr kann, macht es das ja nun nicht schlimmer, es nicht zu tun. Der Unterschied ist halt, damals hätte ich es jederzeit machen können. Hab ich aber nicht. Es ist sicherlich richtig, wenn man sagt, nimm alles mit, schiebe nichts auf. Aber es nur um des Tuns willen zu tun… Ich weiß nicht. Wer legt denn fest, dass es ein Leben mehr bereichert, die Welt gesehen, als seine Ruhe zu Hause genossen zu haben? Warum muss ich alle Kontinente bereist haben um mein Leben erfüllt nennen zu dürfen?

Ich muss das nicht. Was mich wirklich interessiert, das schaue ich mir an. Dazu gehört diesen Oktober eine Reise mit meinem Töchterlein nach Ausschwitz. Das Thema der Judenverfolgung hat mich schon immer besonders interessiert, vielleicht aus dem Aspekt heraus, verstehen zu wollen, wie Menschen zu solchen Bestien werden können. Leider darf ich ja aktuell erleben, wie sowas geht. Die Anfänge dessen sind gemacht und ich bete, dass es genug Widerständler gibt und wenig „Protestwähler“.

Die Reise an diesen Ort wird eine ganz besondere. Zum einen weil wir beide eine tolle Zeit verleben werden, die ich sehr genießen werde und dann weil sie mich zu einem einzigartigen Ort führt, der mir eine Menge geben wird. Und ich glaube, das ist es. Es gibt nicht so viele Orte wie diesen, die mir eine Menge geben. Darum ist es mir auch nicht wert genug, gewisse Anstrengungen dafür in Kauf zu nehmen, Orte halbherzig zu besuchen. Und darum ist es auch o.k. für mich, dass nun das ein oder andere nicht mehr geht. Denn das, was mir etwas bedeutet, das wird weiterhin gehen, weil ich es will.


Bild: Move, you are not a tree
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